1. Die Ausgangslage: Teuerung trifft Bevölkerung hart
Österreich befindet sich 2025 immer noch in einem Teuerungsschub. Zwar ist die Inflation im Vergleich zu den Spitzenwerten von 2022/23 zurückgegangen, liegt aber mit 4,1 % (Stand: August 2025) noch deutlich über dem EU-Zielwert von 2 %. Die Preissteigerungen betreffen vor allem:
- Lebensmittel (z. B. Milch, Brot, Fleisch, Gemüse)
- Wohnen (Mieten, Betriebskosten)
- Energie (Strom, Gas, Fernwärme)
Viele Haushalte spüren eine reale Verschlechterung der Lebensqualität, insbesondere Geringverdiener:innen, Familien und Pensionist:innen. Wer ein durchschnittliches Einkommen hat, muss heute 30-50 % mehr für die monatlichen Fixkosten aufbringen als noch vor drei Jahren. Gleichzeitig erhalten Banken und Energiekonzerne Rekordgewinne – eine ungleiche Verteilung, die sozialen Unmut auslöst.

2. Rekordgewinne bei Energie und Banken – ein systemisches Problem
In den letzten Jahren haben große österreichische Unternehmen wie OMV, Verbund, Raiffeisen Bank International oder Erste Bank enorme Gewinne erzielt. Teilweise sogar zweistellige Milliardenbeträge. Diese Gewinne resultieren nicht aus gesteigerter Leistung, sondern oft aus krisenbedingten Preissteigerungen – man spricht deshalb von „Übergewinnen“ oder „Windfall Profits“.
Diese Unternehmen nutzen internationale Preisentwicklungen oder Zinspolitik, um ihre Margen zu erhöhen, während die Kund:innen kaum Alternativen haben. Der Wettbewerb ist in vielen Bereichen eingeschränkt – etwa durch Oligopole im Energie- oder Lebensmittelsektor.
3. Was macht die Politik – und was nicht?
Die Bundesregierung (Stand 2025 eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS) reagiert auf die Teuerung bislang vor allem mit:
- Einmalzahlungen und Teuerungsboni
- Steuerlichen Entlastungen
- Energiepreisbremsen
Diese Maßnahmen lindern Symptome, aber lösen keine strukturellen Probleme. Die Kritik lautet: Es fehlt an Mut und Entschlossenheit, Krisengewinner zur Verantwortung zu ziehen – so wie es andere Länder erfolgreich vorgemacht haben.
4. Lösungsvorschläge – was Österreich tun könnte
A) Einführung einer echten Übergewinnsteuer
Beispiel: Spanien
- Spanien hat eine Übergewinnsteuer auf Energieunternehmen und Banken eingeführt.
- Diese bringt jährlich Milliarden in das Budget, die direkt zur Finanzierung von Sozialleistungen und Infrastruktur genutzt werden.
- Unternehmen wie Repsol oder Santander mussten ihre Gewinne stärker versteuern, ohne dadurch wirtschaftlich destabilisiert zu werden.
Was Österreich tun kann:
- Eine Windfall Tax von z. B. 33-40 % auf krisenbedingte Zusatzgewinne einführen
- Genauere Definition durch Vergleich mit Vorkrisengewinnen (z. B. 2019-2021)
- Einnahmen zweckgebunden für Entlastung kleiner Einkommen und Investitionen in Energieunabhängigkeit
B) Preisregulierung bei Grundnahrungsmitteln
Beispiel: Frankreich
- Frankreich hat mit großen Supermarktketten eine „Anti-Inflations-Korb„-Vereinbarung getroffen: Ein definierter Warenkorb (z. B. Milch, Brot, Öl, Nudeln) wurde zu gedeckelten Preisen verkauft.
- Staatliche Subventionen waren nicht notwendig – der Handel trug die Kosten mit.
Beispiel: Ungarn (weniger erfolgreich)
- Preisdeckel wurden staatlich verordnet, was zu Angebotsengpässen führte.
- Lehre: Preisregulierung muss marktnah und temporär erfolgen.
Was Österreich tun kann:
- In Absprache mit Supermärkten einen preisgünstigen Warenkorb garantieren
- Förderungen für kleinere Lebensmittelhändler, um Wettbewerb zu stärken
- Transparenzpflicht über Preisbildungsmechanismen im Lebensmittelhandel einführen
C) Reform der Geldpolitik und Sparer:innen schützen
Problem: Bei 4,1 % Inflation und <1 % Zinsen auf Sparguthaben verlieren Österreicher:innen real Kaufkraft – besonders problematisch für konservative Sparer:innen:innen wie Pensionist:innen.
Lösung:
- Verpflichtung oder Anreizsystem für Banken, Sparzinsen wieder marktgerecht zu erhöhen
- Förderung von staatlich garantierten, inflationsgesicherten Sparprodukten (z. B. Inflationsbonds für Kleinanleger:innen)
- Finanzbildung ausbauen, um Alternativen zu herkömmlichen Sparformen aufzuzeigen (z. B. Fonds, ETFs, Genossenschaftsanlagen)
D) Unterstützung für Haushalte – zielgerichtet statt Gießkanne
Viele Unterstützungsmaßnahmen der letzten Jahre (z. B. Klimabonus, Energiebonus) gingen pauschal an alle – auch an Wohlhabende. Besser wäre:
- Einkommensabhängige Unterstützung bei Energie- und Wohnkosten
- Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen für Haushalte mit geringem Einkommen (z. B. Heizungsmodernisierung, Wärmedämmung)
- Ausbau von Sozialmärkten, Mietzuschüssen und gemeinnützigem Wohnbau
E) Förderung von Wettbewerb und Regulierung von Marktmächten
Österreich hat in mehreren Branchen hohe Konzentrationen: Wenige große Player kontrollieren den Markt (z. B. REWE, Spar, Hofer im Lebensmitteleinzelhandel; OMV und Verbund im Energiemarkt).
Lösungsansätze:
- Stärkere Rolle der Bundeswettbewerbsbehörde
- Förderung von regionalen Produzenten und Direktvermarktern
- Unterstützung von Energiegenossenschaften und lokalen Versorgern
5. Was bringt das alles? – realistische Effekte
Ein solches Maßnahmenpaket könnte:
Maßnahme | Geschätzter Effekt |
---|---|
Übergewinnsteuer | 2-5 Mrd. €/Jahr für Staatshaushalt |
Preisdeckel auf Warenkorb | 5-10 % Einsparung bei Lebensmitteln |
Faire Sparzinsen | Schutz der Kaufkraft |
Zielgerichtete Unterstützung | Mehr soziale Gerechtigkeit |
Mehr Wettbewerb | Langfristig sinkende Preise & Innovation |
6. Demokratie braucht wirtschaftliche Fairness
Die soziale Marktwirtschaft basiert auf einem Grundprinzip: Leistung soll sich lohnen – aber Ausbeutung darf sich nicht rentieren. Wenn Großkonzerne in Krisenzeiten enorme Gewinne machen, während breite Bevölkerungsschichten real ärmer werden, dann gerät dieses Prinzip ins Wanken.
Ein glaubwürdiger Staat muss nicht nur verwalten, sondern gestalten – auch gegen mächtige Lobbyinteressen. Viele Bürger:innen fühlen sich aktuell von der Politik alleingelassen, weil die Maßnahmen unzureichend oder falsch ausgerichtet erscheinen.
7. Fazit: Österreich kann mehr – wenn es politisch will
Die gute Nachricht ist: Es gibt Lösungen. Österreich ist ein wohlhabendes Land mit funktionierenden Institutionen. Aber ohne mutige, gerechte und durchdachte Maßnahmen läuft das Land Gefahr, wirtschaftlich zu spalten und politisch zu polarisieren.
Die zentrale Frage lautet nicht mehr „ob“ etwas getan werden muss – sondern „was“ und „wie schnell“. Wenn sich die Politik weiterhin scheut, Krisengewinne gerecht zu verteilen und strukturelle Reformen anzupacken, dann werden Enttäuschung, Wut und Politikverdrossenheit weiter steigen.
Was es jetzt braucht, ist eine Regierung, die nicht zuschaut, sondern handelt – im Interesse der Mehrheit, nicht einzelner Profiteure.
Im Zusammenhang mit der aktuellen Teuerung und den steigenden Preisen für Lebensmittel könnten Sie sich für die Themen Inflation und Soziale Marktwirtschaft interessieren. Außerdem wäre ein Blick auf die Konzepte der Preisregulierung und die Rolle von Konsumverhalten in Krisenzeiten informativ. Diese Themen sind entscheidend, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Auswirkungen auf die Bevölkerung besser zu verstehen.