🧠 Spezialthemen der Ersten Hilfe: Mythen, Schocksituationen und besondere Notfälle

Erste Hilfe ist mehr als nur Pflaster kleben und stabile Seitenlage. In vielen Situationen ist schnelles, gezieltes Handeln gefragt – doch gleichzeitig kursieren immer noch jede Menge Mythen, Halbwissen und Fehleinschätzungen.

In diesem Beitrag räumen wir mit typischen Irrtümern auf und werfen einen Blick auf besondere Notfälle, bei denen du mit dem richtigen Wissen entscheidend helfen kannst: etwa bei einem Herzinfarkt, einem epileptischen Anfall oder einem Stromschlag.


Erste Hilfe: Notfallversorgung bei Verkehrsunfällen und wichtige Tipps zur Sicherheit.
Erste Hilfe bei Notfällen: Ein Retter bietet Unterstützung bei einem Verkehrsunfall, während wichtige Sicherheitstipps hervorgehoben werden.


❌ 1. Zehn Erste-Hilfe-Mythen, die du dringend vergessen solltest


Viele Menschen glauben, sie wüssten, wie Erste Hilfe funktioniert – bis sie im Ernstfall handeln müssen. Leider halten sich einige gefährliche Mythen hartnäckig. Hier sind zehn davon – und was wirklich stimmt:

Mythos 1: „Ich kann verklagt werden, wenn ich falsch helfe.“

➡️ Falsch. In Deutschland gilt das „Gesetz zur unterlassenen Hilfeleistung“ (§ 323c StGB). Wer gar nicht hilft, macht sich strafbar. Wer hilft, ist gesetzlich geschützt – auch wenn nicht alles perfekt läuft.

Mythos 2: „Man darf keine Rippen brechen bei der Herzdruckmassage.“

➡️ Doch – das kann passieren, und es ist kein Fehler. Wichtig ist: richtig drücken (5-6 cm tief), nicht zögern. Ein gebrochenes Brustbein heilt. Ein Herzstillstand nicht.

Mythos 3: „Erbrochenes bei Bewusstlosen muss sofort entfernt werden.“

➡️ Nein. Die bessere Maßnahme: stabile Seitenlage. So kann Flüssigkeit abfließen, ohne die Atemwege zu blockieren.

Mythos 4: „Bei Nasenbluten den Kopf nach hinten legen.“

➡️ Falsch. Dadurch läuft das Blut in den Rachen. Richtig: Kopf leicht nach vorne beugen, Nasenflügel zusammendrücken.

Mythos 5: „Einen Epileptiker muss man festhalten.“

➡️ Gefährlich. Lass die Person nicht los, aber halte sie auch nicht fest. Nur den Kopf polstern, Hindernisse entfernen, Ruhe bewahren.

Mythos 6: „Zunge verschlucken ist möglich.“

➡️ Nein. Die Zunge kann nach hinten fallen, aber nicht verschluckt werden. Durch Seitenlage kann das verhindert werden.

Mythos 7: „Verbrennungen mit Mehl oder Zahnpasta behandeln.“

➡️ Unbedingt vermeiden. Das führt zu Infektionen. Nur mit lauwarmem Wasser kühlen.

Mythos 8: „Wer bei Bewusstlosigkeit atmet, braucht keine Hilfe.“

➡️ Falsch. Auch bei Atmung muss die Person in die stabile Seitenlage – sonst droht Ersticken.

Mythos 9: „Nur Profis dürfen defibrillieren.“

➡️ Automatisierte externe Defibrillatoren (AEDs) dürfen von jedem genutzt werden – sie geben dir Schritt für Schritt Anweisungen.

Mythos 10: „Ich mache lieber nichts, als etwas falsch.“

➡️ Der gefährlichste Irrtum überhaupt. Jede Hilfe ist besser als keine.


❤️🩹 2. Erste Hilfe bei Herzinfarkt, Schlaganfall und epileptischem Anfall


Diese drei medizinischen Notfälle sehen unterschiedlich aus – und brauchen auch unterschiedliche Maßnahmen. Entscheidend ist, dass du sie erkennen und richtig reagieren kannst.


🔴 Herzinfarkt – wenn das Herz um Hilfe ruft


Symptome:

  • Starke Schmerzen oder Druckgefühl im Brustbereich
  • Ausstrahlung in Arm, Kiefer oder Rücken
  • Atemnot, Übelkeit, kalter Schweiß
  • Todesangst, Unruhe

Sofortmaßnahmen:

  1. Notruf 112 wählen – Stichwort: „Verdacht auf Herzinfarkt“
  2. Person beruhigen, hinsetzen mit leicht erhöhtem Oberkörper
  3. Enge Kleidung öffnen
  4. Bei Bewusstlosigkeit: Atmung prüfen – ggf. Reanimation.

Beispiel:
Ein Kollege klagt plötzlich über starke Schmerzen im Brustkorb und kalten Schweiß auf der Stirn. Du bringst ihn in eine sitzende Position, rufst den Notruf und bleibst ruhig bei ihm.


🧠 Schlaganfall – Zeit ist Hirn!


Symptome (FAST-Test):

  • Face: Lächeln? Ein Mundwinkel hängt?
  • Arms: Beide Arme heben – einer sinkt ab?
  • Speech: Sprache verwaschen, unverständlich?
  • Time: Sofort-Notruf – jede Minute zählt!

Sofortmaßnahmen:

  1. 112 anrufen – „Verdacht auf Schlaganfall“ sagen
  2. Person nicht essen oder trinken lassen
  3. Bequeme Lagerung, keine Medikamente verabreichen
  4. Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage

Beispiel:
Deine Mutter spricht plötzlich undeutlich und kann ihre rechte Hand nicht mehr bewegen. Du denkst an den FAST-Test – alles spricht für einen Schlaganfall. Du rufst 112 und beschreibst die Symptome genau.


⚡ Epileptischer Anfall – was tun?


Symptome:

  • Krampfanfälle, Zuckungen
  • Bewusstlosigkeit
  • Schaum vor dem Mund
  • Es dauert meist nur wenige Minuten.

Sofortmaßnahmen:

  1. Ruhe bewahren – Anfall nicht unterbrechen
  2. Gefahren entfernen (z. B. Möbel, harte Gegenstände)
  3. Kopf polstern, Person nicht festhalten
  4. Zeit stoppen – dauert der Anfall >5 Minuten → 112 rufen

Beispiel:
In der Bahn fällt ein junger Mann plötzlich zu Boden und beginnt zu krampfen. Du stoppst die Zeit, polsterst seinen Kopf mit deiner Jacke, lässt ihn in Ruhe und erklärst Umstehenden, was passiert. Nach 2 Minuten kommt er wieder zu sich.


🧍 3. Psychische Erste Hilfe – was tun bei einem Schock?


Nicht jeder Notfall ist sichtbar. Psychische Reaktionen auf extreme Ereignisse sind völlig normal – aber ebenso ernst zu nehmen wie körperliche Verletzungen.

Typische Anzeichen für einen Schock (nicht Kreislaufschock!):

  • Leere Blicke, Zittern, Sprachlosigkeit
  • Desorientierung, Verwirrtheit
  • Weinen oder völlige Gefühllosigkeit
  • „Funktionieren“ im Automatik-Modus


Was kannst du tun?


  1. Ansprechbar bleiben – ruhig, freundlich, präsent
  2. Nicht bewerten oder „beruhigen“ mit Sätzen wie „Wird schon wieder“.
  3. Ruhigen Ort schaffen, falls möglich.
  4. Zuhören, nicht drängen
  5. Bei Bedarf Notruf 112, z. B. bei völliger Dissoziation oder Gefahr für die Person selbst.

Beispiel:
Nach einem schweren Verkehrsunfall steht eine Augenzeugin völlig unter Schock. Sie wirkt starr, spricht kaum. Du bleibst bei ihr, redest ruhig, fragst: „Möchten Sie sich setzen? Ich bin bei Ihnen.“ – Du gibst ihr Halt, bis Rettungskräfte übernehmen.


🧪 4. Erste Hilfe bei Drogen- oder Alkoholkonsum


Hier sind Fingerspitzengefühl und ein klarer Kopf gefragt. Menschen unter Drogen- oder Alkoholeinfluss können unberechenbar, aber auch hilflos sein.


Mögliche Anzeichen:

  • Bewusstlosigkeit
  • extreme Unruhe oder Aggression
  • Halluzinationen, Verwirrtheit
  • verlangsamte oder aussetzende Atmung


Sofortmaßnahmen:

  1. Eigene Sicherheit beachten – keine Konfrontation
  2. Bewusstsein und Atmung prüfen
  3. Stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit
  4. 112 rufen, auch wenn Unsicherheit besteht
  5. Keine Nahrung oder Flüssigkeit geben.


Beispiel:
Du findest abends eine Person im Park – sie liegt am Boden, reagiert kaum, riecht nach Alkohol. Du prüfst die Atmung, bringst sie in die stabile Seitenlage, rufst den Notruf und bleibst in sicherer Entfernung, bis Hilfe eintrifft.


⚠️ 5. Was tun bei Stromunfällen, Verbrennungen oder Vergiftungen?


🔌 Stromunfälle

Gefahr:
Strom kann zu Herzstillstand, inneren Verbrennungen oder Muskelkrämpfen führen. Schon 230 Volt (Haushaltsstrom) können tödlich sein.

Sofortmaßnahmen:

  1. Eigenes Leben schützennie anfassen, solange Strom fließt!
  2. Stromquelle ausschalten (Stecker ziehen, Sicherung raus)
  3. Notruf 112
  4. Atmung & Bewusstsein prüfen – ggf. Reanimation

Beispiel:
Ein Handwerker hat beim Bohren ein Kabel getroffen und liegt bewusstlos da. Du ziehst sofort die Hauptsicherung raus, gehst dann zu ihm und prüfst die Atmung. Kein Puls – du beginnst die Herzdruckmassage.


🔥 Verbrennungen


Sofortmaßnahmen:

  1. Gefahr entfernen – z. B. brennende Kleidung mit Decke ersticken
  2. Kühlen mit lauwarmem Wasser (nicht eiskalt!), max. 10-15 Minuten
  3. Steril abdecken (z. B. mit Rettungsdecke – goldene Seite nach außen)
  4. 112 rufen bei großflächigen Verbrennungen

Beispiel:
Beim Kochen schüttet sich ein Kind kochendes Wasser über den Arm. Du hältst den Arm unter lauwarmes Wasser, rufst den Notruf und deckst die verbrannte Stelle vorsichtig mit einem sterilen Tuch ab.


☠️ Vergiftungen


Symptome:

  • Übelkeit, Erbrechen
  • Krämpfe
  • Atemprobleme
  • Bewusstseinsstörungen

Sofortmaßnahmen:

  1. 112 oder Giftzentrale (z. B. 030 19240) anrufen
  2. Substanz sicherstellen (z. B. Verpackung mitgeben)
  3. Keine Milch geben! Kein Erbrechen auslösen!
  4. Stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit

Beispiel:
Ein Kind hat aus Versehen Putzmittel getrunken. Du rufst sofort den Notruf, hältst das Produkt bereit, gibst keine Flüssigkeit und bringst das Kind in die stabile Seitenlage, bis der Rettungsdienst kommt.


🟢 Fazit: Besondere Notfälle – besonderes Wissen


Erste Hilfe hört nicht bei der stabilen Seitenlage auf. Wer wirklich vorbereitet sein will, sollte sich auch mit Spezialfällen und Mythen auseinandersetzen. Denn gerade in besonderen Situationen wie einem Herzinfarkt, einem epileptischen Anfall oder einem Stromunfall ist schnelles und sicheres Handeln entscheidend.

Doch das Wichtigste bleibt:
👉 Tu etwas.
👉 Bleib ruhig.
👉 Ruf Hilfe.

Denn am Ende zählt nicht Perfektion – sondern die Bereitschaft, zu helfen.


Wenn es um Erste Hilfe geht, ist es wichtig, gut informiert zu sein. Besonders in kritischen Momenten, wie bei einem Herzinfarkt oder einem epileptischen Anfall, zählt jede Sekunde. Aber auch das richtige Verhalten bei Verbrennungen und Vergiftungen ist entscheidend. Daher ist es sinnvoll, sich zusätzlich mit gängigen Mythen im Bereich der Ersten Hilfe auseinanderzusetzen, um im Ernstfall optimal reagieren zu können.

Similar Posts

Tischtennis Leonding | Legitimität amerikanischer Militärinterventionen: Rechtliche und historische Grundlagen ohne internationale Autorisierung
Facebook
Tischtennis Leonding | Legitimität amerikanischer Militärinterventionen: Rechtliche und historische Grundlagen ohne internationale Autorisierung
Tischtennis Leonding | Legitimität amerikanischer Militärinterventionen: Rechtliche und historische Grundlagen ohne internationale Autorisierung