Österreich gilt international als starker Sozialstaat. Von der kostenlosen Gesundheitsversorgung über Bildung bis zur staatlich abgesicherten Pension genießen Österreicherinnen und Österreicher ein dichtes Netz an sozialen Leistungen. Doch diese müssen finanziert werden. Wer trägt diese Kosten? Welche gesellschaftlichen Gruppen leisten welchen Beitrag? Und wie fair ist die Verteilung der Lasten im Hinblick auf das Pensionssystem? Dieser Beitrag liefert einen detaillierten Überblick.

1. Das Fundament des österreichischen Finanzierungssystems
Die Finanzierung des Staates basiert hauptsächlich auf zwei Säulen:
- Steuern: vor allem Umsatzsteuer, Lohn- und Einkommensteuer, Körperschaftsteuer
- Sozialversicherungsbeiträge: für Pensionen, Gesundheit, Arbeitslosigkeit und Pflege
Laut dem Bundesministerium für Finanzen betrugen die Staatseinnahmen 2023 rund 230 Milliarden Euro, davon kamen etwa 130 Milliarden aus Steuern und 60 Milliarden aus Sozialbeiträgen.
2. Die Beitragslast nach Gesellschaftsgruppen
2.1. Arbeitnehmer:innen (unselbstständig Beschäftigte)
- Die größte Gruppe unter den Beitragszahlern
- Zahlen über Lohnsteuer und Sozialabgaben den Hauptteil der Finanzierung.
- Beitragssatz zur Pensionsversicherung: 10,25 % (Arbeitnehmeranteil) + 12,55 % (Arbeitgeberanteil) = 22,8 % des Bruttolohns
- Krankenversicherung: ca. 7,65 %, aufgeteilt auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber
- Arbeitslosenversicherung: ebenfalls Pflichtbeitrag, je nach Einkommen gestaffelt (ca. 3 % gemeinsam)
Fazit: Arbeitnehmer:innen tragen mehr als die Hälfte der gesamten Steuer- und Beitragslast.
2.2. Selbstständige und Freiberufler:innen
- Beitragspflicht bei der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS)
- Beitragssatz Pensionsversicherung: 18,5 % des Gewinns (nicht Umsatz!).
- Keine Trennung in Arbeitgeber-/Arbeitnehmeranteil, alles aus eigener Tasche.
- Mindestbeitragsgrundlage führt dazu, dass auch bei niedrigem Gewinn fixe Beträge zu zahlen sind.
- Einkommensteuer variiert je nach Gewinn, aber durch Gestaltungsspielräume oft reduziert
Fazit: Tragen Verantwortung selbst, zahlen aber im Schnitt geringere Anteile als Arbeitnehmer mit ähnlichem Bruttoeinkommen.
2.3. Vermögende & Kapitaleinkommensbezieher:innen
- Keine Pflicht zur Sozialversicherung auf Kapitalerträge
- Kapitalertragssteuer (KESt) von 27,5 % auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne
- Einkommen aus Vermietung, Beteiligungen etc. unterliegt teils anderen Sätzen, oft mit Gestaltungsspielraum.
- Keine Beitragsleistung ins Pensionssystem über diese Einkommen.
Fazit: In Relation zum Vermögen oder Einkommen aus Kapital relativ niedrige Steuer- und Abgabenquote. Großer Kritikpunkt in der Verteilungsdebatte.
2.4. Pensionist:innen
- Zahlen Lohnsteuer auf ihre Pension (ab ca. 1.200 bis 1.400 € brutto monatlich).
- Zahlen Krankenversicherungsbeiträge (ca. 5,1 %), aber keine Pensionsbeiträge mehr.
- Erhalten Pensionen aus dem Umlagesystem, das von den aktuellen Erwerbstätigen finanziert wird.
- Der Bundeszuschuss zur Pensionsversicherung beträgt jährlich rund 22 Milliarden Euro (2024).
Fazit: Nettoempfänger:innen, aber leisten noch einen Beitrag über Steuern und Konsum.
3. Nettozahler vs. Nettoempfänger
- Erwerbstätige Mittelschicht ist Nettozahler: leistet mehr, als sie aus dem System erhält.
- Geringverdiener, Transferleistungsempfänger:innen und Pensionist:innen sind oft Nettoempfänger.
- Vermögende tragen relativ wenig zur Sozialversicherung bei, obwohl sie hohe finanzielle Ressourcen besitzen.
4. Fokus: Das Pensionssystem
- Umlageverfahren: Aktive zahlen für heutige Pensionist:innen
- Rund 4,1 Mio. Erwerbstätige finanzieren ca. 2,5 Mio. Pensionist:innen (Verhältnis sinkt)
- Zuschuss des Bundes aus Steuermitteln notwendig, da Beiträge nicht ausreichen
- Belastung für junge Generation steigt
5. Reformbedarf: Wer soll künftig mehr zahlen?
- Einbeziehung von Kapitalerträgen in die Sozialversicherung
- Höheres Pensionsantrittsalter und stärkere Anreize für späteren Ruhestand
- Abschaffung steuerlicher Privilegien für Großeinkommen und Vermögen
- Stärkere Progression im Steuersystem zur Entlastung der Mittelschicht
Fazit
Die Finanzierung Österreichs ruht zum Großteil auf den Schultern der arbeitenden Mittelschicht. Während Selbstständige und Vermögende in vielen Fällen relativ weniger beitragen, wachsen die Herausforderungen durch demografische Entwicklungen und steigende Pensionsausgaben. Eine faire und zukunftssichere Verteilung der Lasten erfordert politische Reformen, die alle Gesellschaftsschichten einbeziehen.
⚖️ Zusammengefasst in Gruppen:
Rolle | % der Bevölkerung |
---|---|
Aktive Zahler | ca. 50 % |
Nutznießer | ca. 39–42 % |
Kinder & Jugend | ca. 17 % |
📌 Fazit:
Rund die Hälfte der Bevölkerung trägt aktiv zur Finanzierung des Systems bei, während etwa 40 % direkte Nutznießer von Leistungen sind – primär Pensionen, Arbeitslosengeld, Mindestsicherung oder Pflegegeld. Der Rest (Kinder & Jugendliche) sind (noch) weder Zahler noch Empfänger.
Diese Verteilung zeigt deutlich die Herausforderungen für das umlagefinanzierte System und die Notwendigkeit künftiger Reformen.
Quellen
- Statistik Austria
- Bundesministerium für Finanzen (BMF)
- Hauptverband der Sozialversicherungsträger
- Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO)
- Pensionskommission Österreich